Geschichte der Geldschränke
Während in früherer Zeit Tresore prunkvolle Möbelstücke waren, sind diese in der heutigen Zeit vorwiegend Gebrauchstresore. Das faszinierende an der Zeit um 1800, war neben dem bereits damaligen Sicherheitsstandard, die prunkvolle Bauweise der Tresore. Schöne Ziselierarbeiten an den Jugendstil-, Barock- und Gotiktresoren machten diese zu wahren Schmuckstücken.
Seit jeher standen Einbrecher im Wettstreit mit der Geldschrankindustrie. Hatten diese nach aufwändigen Versuchen eine geeignete Abwehrmaßnahme entwickelt, so bastelten und experimentierten fleissige Tresorknacker so lange daran herum, bis sie den Tresor überlisten konnten.
Die ersten Geldschränke wurden mit Beginn der industriellen Revolution in Europa hergestellt. Im Jahre 1795 wurde die älteste europäische Geldschrankfabrik J. Thann, in England gegründet. Im Jahre 1813 folgte die erste deutsche Fabrik „Franz Garny, Cassenschränke“. Es folgten 1825 Fichet in Paris, 1833 S.J. Arnheim Berlin und 1848 Mosler Safe in Hamilton (USA).
Nach der Ära geschnitzter Holztresore folgte Anfang des 19. Jahrhunderts die Fertigung von Metalltruhen und Metallgeldschränken. Ab 1850 setzte sich das Mehrwandsystem durch. Der äußere Mantel musste „nur“ den primitiven Werkzeugen der damaligen Zeit standhalten. Der Zwischenraum war für den Feuerschutz verantwortlich und sollte die Innentemperatur bei Feuer, so gering wie möglich halten.
Die Techniker in den Tresorfabriken versuchten in dieser Zeit mit ausgefallenen Materialien und Zusammensetzungen (zerstoßener Marmor, gemahlenes Porzellan, gebrannter Ton), den Zwischenraum im Tresorkorpus feuerbeständiger zu bauen. Am Ende erkannte man jedoch, dass ausgerechnet Luft das idealste Isoliermedium war.
Gegen gewaltsames Eindringen durch die Geldschranktür, über das Riegelwerk, entdeckte man ein neues Bohrschutz-Material: die Panzer-Compoundplatte, eine Verbundplatte deren weiches Eisenmaterial unter Druck und Hitze auf gehärtete Stahlplatten aufgewalzt wurde. Damit konnte allen gängigen Bohrern lange Zeit, bis zur zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, ein unüberwindlicher Widerstand entgegengesetzt werden. Die Hersteller waren bemüht, einerseits das Gewicht der Geldschränke (aus Transportgründen) gering zu halten und andererseits alles in die Geldschränke einzubringen, was ein Mehr an Sicherheit gegen Einbruch und Feuer bedeutete.
Die Entwicklung widerstandfähiger Materialien wurde nun von den Tresorherstellern im Wettstreit vorangetrieben.
Etwa um 1880 nutzten Tresor-Einbrecher das Thermitverfahren (Magnesium-Aluminium-Pulvergemisch), das kurzfristig eine Temperatur von über 3.000° C erzeugte, um Eisenplatten zum schmelzen zu bringen. Eine neue Ära begann. Während die Tresorindustrie mit schneidbrennfestem Material beschäftigt war, wurde schon das Acetylen-Brennschneideverfahren bei Einbrüchen verwendet. Einzelne Tresorhersteller sollen dem entgegengetreten sein, indem Schwarzpulvere in Zwischenräume gemischt wurde, was jedoch keine nennenswerte ‚Verbreitung fand, da es durch die Luftfeuchtigkeit ihre Wirkung verlor.Das war das Ende der kompromisslosen Stahlkonstruktion. Neue Füllstoffe wurden genutzt, wie Zement (als Bindemittel), Basalt, Quarzit (als Zuschlagstoff) und Keramik.
Es entstand das, noch heute gültige, Gesetz:
„Entweder erfüllt der Geldschrank seinen Zweck vollkommen, oder gar nicht“.
Im 19. Jahrhundert genügte es, wenn Geldschränke so „harmlosen“ Werkzeugen, wie Hammer, Meißel, Säge, Feile, Handbohrer und Brecheisen Paroli bieten konnten.
Immer mehr Schlossermeister machten sich als Tresorhersteller selbständig und sind teilweise auch noch heute sehr erfolgreich. Die bekanntesten waren:
1844 J. Gerlich, Mainz
1852 F. Wertheim & Co., Wien
1854 H.F. Peltz, Düsseldorf
1854 J.C. Petzold, Magdeburg
1855 Fr. Pohlschröder, Dortmund
1858 Bode & Troue, Hannover
1858 F.E. Baum, Chemnitz
1862 Fr. Bauer, Zürich
1865 H.C.E. Eggers, Hamburg
1864 Bauche, Frankreich
1864 Kellner, Wuppertal
1867 J. Ostertag, Aalen
1867 C. Ade, Berlin
1867 V. Hammeran, Frankfurt
1869 C. Hermann, Nürnberg
1870 Fr. Leicher, München
1870 Lips, Niederlande
1872 Th. Stacke, Aachen
1886 Rosengrens, Schweden
1888 Adolphs, Düsseldorf
1899 Kärcher, Pforzheim
Über lange Zeit nahm die Rivalität unter den Herstellern bizarre Ausmaße an. Am heftigsten bekämpften sich Ende des 19. Jahrhunderts, die Firmen Ade und Arnheim, in Berlin.
Tresor-Einbrecher galten seit jeher als „Aristokraten unter den Gaunern“, als „Einbrecherkönige“ und genossen eine hohe Standesehre. Die Hersteller von Tresoren respektierten diese Einbruchs-Spezialisten.
Große Tresorknacker, wie Adolf Krüger (Ende 19. Jhdt.) oder die Gebrüder Sass (1929 in Berlin), deren Leben sogar verfilmt wurde, hielten die Hersteller von Geldschränken permanent auf Trab. Auf Lorbeeren konnte sich keine Seite ausruhen. Es sollte aber auch nicht verschwiegen werden, dass diese „Schränker“, wie Tresor-Einbrecher im Chargon respektvoll genannt wurden, die meiste Zeit Ihres Lebens hinter Gittern, also im Zuchthaus, verbrachten. Viele wurden sogar auf frischer Tat oder auf der Flucht von der Polizei erschossen.
Die gebräuchlichste Tresoröffnungsmethode bei Doppelbartschlössern in der heutigen Zeit ist das Öffnen nach dem Hobbs`schen Verfahren. Hobbs'sche Haken sind Präzisions-Tastwerkzeuge zum zerstörungsfreien Aufsperren von Tresorschlössern, Bankmietfächern etc. Zum erfolgreichen Arbeiten gehören viel Übung und Fingerspitzengefühl. Meister ihres Fachs öffnen Tresorschlösser mit Hilfe der Hobbs'schen Haken oftmals in wenigen Minuten.
Dagegen öffnen Einbrecher häufig Tresore brachial mit einem Winkelschleifer. Dazu schaffen sie gerne den Tresor an einen Ort, an dem sie ungestört krach machen können. Hinterher ist der Tresor in der Regel unbrauchbar, selbst wenn er sich jederzeit wieder zuschweißen ließe. Nach einer Reparatur, würde der Tresor seine Zertifizierung und damit zwangsläufig die Anerkennung des Versicherers verlieren.
Öffentliche Feuerprobe
Franz Wertheim begann vor über 150 Jahren mit dem Bau von „Feuersicheren Cassen“.
Der österreichische Tresorbauer erkannte schon relativ früh, dass es auch noch andere Risikofaktoren für Betriebe gibt, als nur Einbrecher und Tresorknacker.
Am 19. Februar 1853 machte er durch eine aufsehenerregende Werbeaktion seine „Wertheim Kassen“ berühmt.
Auf der Sandgestätte, nächst dem Belvedere in Wien inszenierte er eine Feuerprobe, um die Feuer-Widerstandsfähigkeit seiner Tresore vorzuführen. In Anwesenheit von Vertretern der Finanzbehörde, des k.k. Polytechnikums, der k.k. Geniedirektion und tausenden von Zuschauern wurden drei „Kassen“ mehrere Stunden lang einem Holzfeuer ausgesetzt. Nach der erfolgten Öffnung erwies sich der gesamte Inhalt als noch brauchbar.
Sind neue Tresore sicherer?
Wenn man Äpfel nicht mit Birnen vergleicht, dann entscheidet der jeweilige Widerstandsgrad. Es ist daher relativ einfach zu beantworten. Ein Tresor mit dem Widerstandsgrad 0 oder I ist weniger sicher, als ein Geldschrank mit dem Widerstandsgrad II oder III.
Deshalb sind Hotelsafes, Kassetten oder Baumarkttresore, die man beim Einkauf einfach unter den Arm nimmt, keine Tresore die man unter einem Sicherheitsaspekt bewerten kann.